Ein Gruß aus dem Regenwald: Neoregelia concentrica
Ein Gruß aus dem Regenwald: Neoregelia concentrica
Guzmania monostachya
Guzmania monostachya

 

Bromelien und die Ananas

 

Die Pflanzenfamilie der Bromelien (Bromeliaceae) hat für uns Mitteleuropäer etwas sehr exotisches: die ca. 2000 Arten sind in ihrer natürlichen Verbreitung fast gänzlich auf die amerikanischen Tropen beschränkt, in Europa ist keine einzige heimisch oder als Gartenpflanze winterhart. Auch als Nutzpflanze ist fast keine Art von wirtschaftlichem Wert – mit Ausnahme von Ananas comosus. Die Bromelien werden daher gerne als „Ananasgewächse“ bezeichnet, auch wenn die Ananas in vieler Hinsicht ein untypischer Vertreter ist – wenn auch ein sehr berühmter, daher hier eine Kurzgeschichte der Ananas:

Ananas in Blüte
Ananas in Blüte

„…ein Ausbund aller Gewächse, an Niedlichkeit nicht zu übertreffen…“ schwärmte Johann Christoph Volkamer. In seinem Buch „Nürnbergische Hesperides“ (1708) stellte der Nürnberger Botaniker die Pracht und Köstlichkeit von Orangen, Zitronen, Pomeranzen und Granatäpfeln und anderen exotischen Südfrüchten vor und löste damit einen „Exoten-Hype“ aus. Fürsten, Herzöge und wer es sich sonst leisten konnte, ließ Orangerien anlegen und hochbezahlte Hofgärtner einstellen, um auch hierzulande Südfrüchte anzubauen und damit Wohlstand, Kultur und Weltoffenheit zu demonstrieren. Und nur die wirklich Reichen konnten beim Gelage ihren adeligen Gästen eine Ananas vorsetzen, da diese entweder per Segelschiff aus der Karibik importiert oder mit großem Aufwand, „koste es, was es wolle“, hierzulande jahrelang kultiviert und zur Reife gebracht sein musste.

Ananas-Plantage
Ananas-Plantage

Heute ist die Ananas nicht mehr den Superreichen vorbehalten: per Flugzeug kommt sie von den Plantagen in Costa Rica oder Ghana in unsere Supermärkte. Die modernen angebauten Sorten sind harm- und stachellos, die ursprünglichen waren Ungeheuer mit scharf bestachelten Blatträndern, die den Erntearbeitern einigen Blutzoll abforderten. Schon bei der Ankunft des Kolumbus war die Ananas bei den amerikanischen Ureinwohnern in Kultur, ihre Urheimat liegt wohl in der Karibik und dem nördlichen Südamerika, wo sie zusammen mit anderen stacheligen Bromelien, Akazien und Kakteen in heißer Trockenbuschvegetation wuchs.

Aber abgesehen von der köstlichen Frucht ist die Ananas mit ihrer ausladenden, stachelstarrenden Rosette für uns wenig attraktiv. Viel interessanter sind die Bromelien der Regenwälder:

 

Neoregelia carolinae
Neoregelia carolinae

Bromelien der Regenwälder („Tankbromelien“, „Zisternenbromelien“)

 

 

Die mächtige Rosette der Ananas wurzelt in der Erde. Von den ca. 2000 Bromelienarten wachsen jedoch zwei Drittel nicht im Boden, sondern als Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) in den Kronen der Bäume der tropischen Wälder. Viele leben als „Tankbromelien“: Wie Regenrinnen führen die Blätter den Niederschlag im Zentrum der Rosette zusammen, wo er wie in einer Zisterne gespeichert wird. Bei den großen Arten kann jede Rosette literweise Wasser fassen, und bromelienbesetzte Baumkronen tragen zusammengenommen die Wassermenge ganzer Gartenteiche in ihren Kronen – incl. vieler Wassergebundener Tiere wie Mücken- und Libellenlarven, Kleinkrebse und jede Menge Froscharten, deren Lebensweise an diese „Gartenteiche in der Baumkrone“ angepasst ist.

Bromelien und andere Epiphyten am Standort
Bromelien und andere Epiphyten am Standort

 

Schon die Blattrosetten sind ebenmäßig schön und oft sogar gebändert, gefleckt oder gemustert, noch weit bunter sind dann die Blütenstände. Die Blüte selbst ist oft klein und kurzlebig, doch die Hochblätter des Blütenstandes färben sich gelb, orange, rot, rosa oder violett und zeigen diese „Kolibrifarben“ oft wochen- oder monatelang.

 

 

Die Bromelien mit ihrer exotischen Schönheit, die in der Natur zusammen mit Orchideen, Farnen und anderen Aufsitzerpflanzen die Bäume besiedeln, haben die Tropenreisenden immer fasziniert. In Kultur jedoch galten sie lange als empfindliche Schätze der Gewächshäuser Botanischer Gärten.

 

Das Bromelien-Buch von W. Richter (4. Aufl. 1978)
Das Bromelien-Buch von W. Richter (4. Aufl. 1978)

 

Erst in den Siebziger Jahren hat der Gärtner und Buchautor Walter Richter die Bromelien bekannter gemacht und Berührungsängste abgebaut. Tatsächlich lassen sich viele Bromelien auch auf der Fensterbank oder im sommerlichen Garten halten und bringen die Exotik Südamerikas zu uns nach hause.

 

Mehr davon in dem Vortag „Baumkronenwelten - im Garten der Pfeilgiftfrösche“. Unten eine kleine Bilderauswahl, viele davon aufgenommen im Alten Botanischen Garten der Universität Göttingen; hunderte weitere schöne Bromelienfotos unter dem Familiennamen Bromeliaceae auf  http://www.uni-goettingen.de/de/pflanzenfamilien-a-z/263258.html