Rosa gallica ´San Nicholas´
Rosa gallica ´San Nicholas´

Rosen – einmal anders

 

Rosen ?! Gibt es etwas altbackeneres, uncooleres als Rosen ? Die „Königin der Blumen“ ist doch billig geworden, als Centware bekommen wir sie bei ALDI an der Kasse.  Aber solche Rosen meine ich nicht.

Auch die langweiligen, verkannten und verwahrlosten Beetrosen der spießigen Vorgärten, die nach hundert Jahren Draufrumzüchterei keine Identität, keine Heimat und keine Jahreszeit mehr kennen und sich noch in der Vorweihnachtszeit, schon ohne Blätter, mit traurig verregneten Blüten prostituieren.

Und erst recht nicht die Schnittrosen, die unter menschenverachtenden Bedingungen in Billiglohnländern mit ungeheurem Pestizideinsatz produziert werden, um hunderttausendstückweise über den holländischen Blumengroßhandel verschoben zu werden, beim Blumenhändler an der Ecke und schließlich im Müll landen.

Solche Rosen meine ich nicht.

 

Ich meine echte Rosen mit Charakter, Körper und Seele.

 

seit dem Mittelalter: Rosa alba ´Suaveolens´
seit dem Mittelalter: Rosa alba ´Suaveolens´

Wilde Rosen bevölkern mit ca. 150 Arten die gemäßigten Gebiete der Nordhalbkugel. Ein Verbreitungsschwerpunkt ist das Mittelmeergebiet und Vorderasien, wo die Arten der Gattung Rosa als Kinder von Licht und Luft an trocken-warmen Hecken und Waldrändern und über Felsen wachsen. Ca 30 dieser wilden Rosenarten haben es von dort bis in deutschsprachigen Raum geschafft, und einige dringen sogar bis in die Hochgebirge und die Arktis vor. Auch in Nordamerika gibt es wilde Rosenarten, die meisten kommen jedoch aus dem Fernen Osten; aus dem riesigen China und aus Japan. Auf der Südseite des Himalaya stoßen einige Arten bis in subtropische Monsungebiete vor, aber in den eigentlichen Tropen und auf der Südhalbkugel gibt es ursprünglich keine wilden Rosenarten.

die heimische Hundsrose: Rosa canina
die heimische Hundsrose: Rosa canina

Viele Wildrosenarten, so auch die bekannte Hundsrose (Rosa canina) vor unserer Haustür, sind duftlos. Einige jedoch haben einen betörenden Duft; in Japan etwas Rosa multiflora und in Südeuropa Rosa gallica. (ich weigere mich, für diese edle Rose den unschönen deutschen Büchernamen „Essigrose“ zu verwenden!) Rosa gallica wächst aber nicht nur in Frankreich, sondern ist von Spanien bis Vorderasien verbreitet und kommt sogar an einigen sommerwarmen Stellen Deutschlands vor. Und diese herrlich duftende kleine Wildrose war es, in die sich schon vor über 4000 Jahren die alten Perser verliebten – und sie begannen Rosen zu züchten zu einer Zeit, als unsere blonden, unterkühlten germanischen Vorfahren noch ganz andere Sorgen hatten als Rosenzucht.

Rosa gallica (Wildform)
Rosa gallica (Wildform)

Die Leidenschaft für üppig duftende Rosen ist ein Erbe der Lustgärten des Orients. Wie gezielt bereits im alten Persien dieKreuzung der kleinen, schwachen Rosa gallica mit robuster wachsenden Arten gelang, ist kaum mehr feststellbar. Von Persien kam die Gartenrose nach Kleinasien, Ägypten, Griechenland und schließlich nach Rom, wo Massen von Rosenblüten in den ausufernden, dekadenten spätrömischen Orgien herhalten mussten. Die Gartenrose als Kind des Orients und Sinnbild erotischer Verführung und zügelloser Sinnlichkeit hatte es schwer bei den Christen – und es dauerte eine Weile, bis z.B. die weiße Rose als Bild der unbefleckten Muttergottes akzeptiert wurde. Mittlerweile hatte es die Gartenrose, auch als Heilpflanze, bis in die mittelalterlichen Klostergärten geschafft und gelangte von dort in die „Medicinalgärten“ der Renaissance und die Gärten des Barock. Und hundert Jahre später gab es bereits Sammlungen mit hunderten von Sorten; eine der berühmtesten war die von Kaiserin Joséphine de Beauharnais, der Gattin Napoléon Bonapartes, auf ihrem Schloss Malmaison bei Paris.

Rosa ´Portlandica´ (ca. 1770)
Rosa ´Portlandica´ (ca. 1770)

Dann kamen durch Seefahrer und Gesandte, Händler, Ärzte und Missionare neue entdeckte Wildrosenarten aus dem Fernen Osten nach Europa, und das Zeitalter gezielter Rosenzüchtung begann. Mit der Blutauffrischung durch chinesische und japanische Rosen schien plötzlich alles möglich: gelbe und glutrote Farben, kletternder Wuchs, vielblütige Blütenstände und immerwährende Blütezeit. Edle, hoch gebaute Blütenform der formvollendeten Einzelblüte; und diese dann aber bitteschön wieder in üppigen Blütenbüscheln. Heute gibt es Abertausende von Rosensorten – aber nicht alle sind zum Verlieben. Und da dem modernen Menschen der Geruchssinn oft nur noch wenig bedeutet, ist vielen modernen Rosenzüchtungen auch der Duft abhanden gekommen.

Ausgerechnet der sprichwörtliche, unvergleichliche Rosenduft!

Übrig bleiben entseelte Farbkleckse, synthetisches Gen-Fastfood, nichtssagend, ohne Individualität und Charakter.

 

Natürlich ist alles Geschmacksache. Unten einige meiner Favoriten. Fast alle mit tollem, üppigem Duft, manche Sorten 300 Jahre, einige schon 1000 Jahre alt - und die meisten konnte ich schon selber aus Stecklingen vermehren (wie das geht, steht in „Nekromantik für Anfänger“)